• Haus Blüm und Museum

Ein Gastraum in Rheinhessen

Der Gastraum im rheinhessischen Zornheim hat schon alles gesehen. Ausgelassenes Fastnachtstreiben, wie es in dem Hügelland im markanten Rheinknie Worms-Mainz-Bingen Brauch ist, aber auch geruhsames Beisammensein nach getaner Arbeit in den, das Land prägenden, Weinbergen.

Das Haus Blüm selbst wurde vermutlich in den letzten Jahren des 17.Jh. nach der berüchtigten Pfalzzerstörung in den Jahren 1691/1692 durch französische Söldner errichtet bzw. unter Einschluss älterer Teile durch Ulrich Borg oder dessen Sohn Jakob wieder aufgebaut. Es ist somit nach der Kirche eines der ältesten Gebäude in Zornheim. Nach der Brandkatastrophe im Jahre 1691 wurden die bisher üblichen Fachwerkkonstruktionen mit Dächern aus Schilf und Stroh durch eine feuersichere Bauweise ersetzt. So wurden die Außenmauern des Gastraums im Erdgeschosses massiv aus Kalkstein der Zornheimer Gemarkung errichtet und lediglich die Innenwände sowie das Obergeschoß in Fachwerk ausgeführt. Als Dacheindeckung gab man nun den Ziegeln den Vorzug. In einer Anweisung des Mainzer Reichklaraklosters zum Bau ihres neuen Pächterhofes in Zornheim wird die verbesserte Bauweise anschaulich mit folgenden Worten beschrieben: „An welchem Hauß das untere Stockwerk von Steinen undt das andere von Holtz aufgeführet undt das Hauß sowohl als Schewer undt Stall mit Ziegell gedeckt werdten solle.“ Und noch heute wird in der Sammlung Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz (Band 18.2 von Dieter Krienke) das Haus wie folgt beschrieben: „Barockes, traufseitig erschlossenes Wohnhaus eines ehem. Parallelhofs, zeitweise Gasthaus ……. in Ecklage zum Lindenplatz unter Einschluss älterer Teile erbaut. Gemauertes Erdgeschoss mit gefaster Sandsteingliederung (um 1900) nordseitig gekuppeltes Fenster. Stark auskragendes, nunmehr verputztes Fachwerkobergeschoss, ….. Zeittypischer Vertreter der Mischbauweise von bedeutender städtebaulicher Wirkung als Blickpunkt mehrerer Straßen.

Natürlich war die Größe und qualitative Ausführung von Baumaßnahmen von den Vermögensverhältnissen der Bauherren abhängig. War das Haus Blüm nun zu den stattlichen oder zu den bescheideneren Bauten des damaligen Dorfes zu rechnen? Auskunft hierüber erteilt eine Schatzungsliste von 1725, in welcher Schultheiß, Schöffen und Viertelmeister die Zornheimer „Wohnbehausungen“ in vier Klassen einteilten. In der mit 20 Gulden höchstbesteuerten Kategorie werden nur zwei Häuser genannt. Zur zweiten mit 15 Gulden angesetzten Klasse zählte das Haus Blüm an 18. Stelle. Es ist heute kaum vorstellbar, dass zwei Generationen nach dem Erbauer der Ackersmann Philipp Gläser mit seiner Ehefrau Anna Maria Sieben und 12 Kinder in diesem kleinen Haus lebten. Nachdem fünf Bewohnerfamilien in dem Gehöft lebten, wird bei der nächsten Familie erstmals die Berufsbezeichnung Wirt und Metzger aufgeführt. Von daher können wir annehmen, dass etwa ab 1870 das Gebäude einen Gastraum bot der noch bis 1991 betrieben wurde.

Nach längerem Leerstand konnte der Heimat- und Geschichtsverein das unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Jahre 2016 erwerben. Das Gebäude steht in exponierter Lage im Ortszentrum direkt angrenzend zum neu gestalteten Lindenplatz mit dem vom Kulturfond Peter Eckes der Gemeinde gestifteten Drei-Grazien-Brunnen und gegenüber der ebenfalls denkmalgeschützten St. Bartholomäuskirche. Da aufgrund von Feuchtigkeitsschädender Einsturz einer Giebelwand drohte, musste im Winter umgehend gehandelt werden und mit finanzieller Hilfe der Gemeinde eine neue Giebelwand errichtet werden. Im Frühjahr 2017 erfolgte dann die notwendige Dachsanierung. Die weiteren Sanierungsschritte (u.a. Böden und Decken, Kellerzugang, Treppen) sind geplant und sollen nach Bewilligung von Fördermittel oder Spendeneingang Schritt für Schritt durch die Mitglieder des Vereins durchgeführt werden. Schön wäre es wenn im Jahr 2021 zur 1250-Jahr-Feier der Gemeinde Zornheim das Sanierungsprojekt Haus Blüm abgeschlossen werden könnte.